Hofheim goes America

 

 

HSC Mädels werden Teil des amerikanischen Collegesports

 

Text: Sabine Büscher


Sara Rizzetto, Carolina Walch und Ester Rizzetto
Sara Rizzetto, Carolina Walch und Ester Rizzetto

Während der Rest der Mannschaft nach den Sommerferien wieder im Hofheimer Vereinsbecken seine Bahnen zieht, werden unsere Schwimmerinnen Ester und Sara Rizzetto, als auch Carolina Walch ebenfalls die neue Saison vorbereiten. Diesmal allerdings nicht im HSC Vereinsbad, sondern fernab in Florida und Pennsylvania.

 

Alle drei haben in diesem Jahr erfolgreich ihr Abitur abgelegt und sind auf der Suche nach dem „Danach“ im amerikanischen Hochschulsport fündig geworden. Während Schwimmen ja leider zu den Sportarten gehört, bei denen man eher Geld mitbringen muss und Siege in erster Linie ideellen Wert haben, ist der Gang in die USA eine der wenigen Möglichkeiten, tatsächlich auch mal monetär zu profitieren. Man möchte zwar die geschwommenen Lebenskilometer lieber nicht umrechnen, aber die stetige Arbeit und der daraus resultierende Erfolg, hat die Drei in die Lage versetzt ein Sportstipendium zu erhalten, das ihren Aufenthalt und das Studium in den USA finanzieren wird. Grund genug darüber zu schreiben.

 

Angefangen hat alles mit einem Schwimmkurs

Während in anderen Familien die Sportler Gene ja von einer zur nächsten Generation weitergereicht werden, kann weder die Familie Rizzetto noch Walch auf große Sportskanonen in der Familie hinweisen. Die Schwimmkarriere begann für alle mit einem profanen Schwimmkurs, der das simple Ziel hatte, dass die Kinder schwimmen lernen und nichts weiter. Offensichtlich stellten sich aber alle drei recht gut an, so dass sie, wie das auch früher schon üblich war „gesichtet“ wurden. Man sperrte sich nicht, sie hatten durchaus Lust sich schwimmerisch auszuprobieren.

 

Während Sara und Ester ihre Karriere in Wiesbaden starteten und im Alter von 9 Jahren, zum Glück möchte man sagen, nach Hofheim zogen, ist Carolina ein echtes Eigengewächs. Sie startete bei Basti, danach folgten Vito und Eugen, bevor unser Chef Trainer Volker sie übernahm. Der Erfolg stellte sich nicht sofort ein, dann aber umso mehr. Carolinas größter Einzelerfolg war ein dritter Platz über 200 Meter Brust bei den Deutschen Jahrgangsmeisterschaften 2014. Sie wurde in der Folge für das hessische

Perspektiv Team nominiert. Dies ermöglichte ihr zusätzliche Trainingslager und leistungsdiagnostische Maßnahmen. Aber leider ist mehr nicht immer besser und anstatt ihre Leistung noch zu steigern, ging es erstmal bergab für sie. Während viele in solchen

Situationen den Badeanzug an den Nagel hängen, arbeitete sie aber kontinuierlich weiter und schaffte sich in der letzten Saison endlich wieder aus dem Formtief heraus und konnte ihre Bestzeiten erneut auf vielen Distanzen verbessern. 

 

Sara und Ester hingegen schafften das Kunststück sich über all die Jahre kontinuierlich zu verbessern. Sie begannen ihre Hofheimer Karriere bei Ede, bevor sie dann direkt zu Volker wechselten, der damals noch Nachwuchstrainer war. Mit ihm zusammen gingen sie dann in die 1. Mannschaft. Ester erreichte 2017 bei den Deutschen Meisterschaften einen 5. Platz in 50 Meter Freistil und einen 6. Platz über 100 Meter Freistil in der

Juniorenwertung. Sara erreichte sowohl 2016 als auch 2017 C-Finals bei den offenen deutschen Kurzbahnmeisterschaften. Darüber hinaus haben alle drei Medaillen bei den Deutschen Staffelmeisterschaften der Jugend errungen und sind wichtige Stützen unserer 2.Bundesliga Mannschaft. Mit den Erfolgen im Rücken und bestandenem Abitur, könnten sie sich nun getrost einem neuen Lebensabschnitt zuwenden, der mit weniger Laktat zu tun hat, aber….…

 

…..man kann so schön abschalten

Auf die Frage, was sie denn so am Schwimmen reizt, ist eine der Antworten, „die Möglichkeit abzuschalten und ganz mit seinen Gedanken allein zu sein“. Für Außenstehende sieht das Bahnen ziehen langweilig aus, aber für trainierte Schwimmer ist es tatsächlich so, dass sich je nach Trainingsinhalt ein neudeutsch „flow“ Erlebnis einstellen kann. Ein Zustand, den vermutlich insbesondere Jugendliche in einer digitalisierten, „ich bin ständig erreichbar“ Welt, nur noch selten erleben. Darüber hinaus reizt aber auch alle drei die Wettkampfsituation „Frau gegen Frau“ und auch das sich

auspowern im Training, die Anstrengung und das gute Gefühl danach. An unsere Nachwuchsschwimmer haben die Athletinnen hinsichtlich einer erfolgreichen Karriere zahlreiche Empfehlungen: am Anfang nicht zu sehr auf Platzierungen schielen, sondern den Spaß am Schwimmsport entwickeln und pflegen, nicht zu früh auf eine Disziplin spezialisieren und dranbleiben, auch wenn mal Durststrecken durchlaufen werden. Hier sollten ihrer Ansicht nach auch die Eltern helfen, die ihre Kinder unterstützen sollten ohne sie mit Erfolgserwartungen unter Druck zu setzen.

 

Das hat im Hause Rizzetto und Walch scheinbar gut funktioniert, denn die drei wollen mehr…

Alle sehen noch Potential in ihrem Leistungsvermögen und da kommt die Gelegenheit Studium mit Sport zu verbinden gerade Recht. Während der sehr trainingsintensive Schwimmsport in Deutschland nur bedingt und unter größeren Entbehrungen mit Ausbildung oder Studium zu vereinbaren ist, wird man als Sportler an amerikanischen Hochschulen geradezu hofiert. Unterkunft und Studienkosten werden bezahlt, professionelle Sportstätten stehen zur Verfügung, hauptamtliche Trainer leiten das Training und wenn es mal zwickt steht ein Team von Physiotherapeuten bereit. Unsere Schwimmerinnen werden in ihrem Leben nie bessere Bedingungen vorgefunden haben. Trotz hohem Trainingsaufwand ist das Studium aufgrund der engen Verzahnung und der kurzen Wege sehr gut zu bewältigen.

Den Kontakt zu den in Frage kommenden Hochschulen haben alle drei über die Agentur scholarbook hergestellt. Gegen eine entsprechende Gebühr wird von den Mitarbeitern alles Nötige zusammengestellt. Zu den Bewerbungsunterlagen gehören unter anderem Bestzeiten, Schwimmvideos, Zeugnisse, TOEFL Test, SAT Test, um nur das Wichtigste zu nennen. Nachdem die Agentur alles an die Hochschulen weitergeleitet hat, nehmen dann die jeweiligen Trainer direkt mit den Athletinnen Kontakt auf. So haben alle drei an die 30

Angebote erhalten, von denen aber ein größerer Teil aus verschiedenen Gründen gleich aussortiert wurde. Mit den in die engere Wahl gekommenen, wurden dann Telefonate über skype geführt und am Ende entschied vermutlich das Bauchgefühl.

 

Wo können wir die HSC Mädels denn finden?

Sara hat sich für die La Salle University in Philadelphia entschieden. Das Schwimmteam gehört der sog. Division 1 an, eine Art 1.Bundesliga, d.h. dort wird sie auf die allerbesten US College Schwimmerinnen treffen und die Möglichkeit haben in einem sehr leistungsstarken Team zu trainieren. Ester zieht es nach Florida, an die University of west Florida und Carolina wird ebenfalls in den „Sun Shine State“ gehen, an die Saint Leo University.

Trainer Volker Kemmerer sieht den Abgang seiner Schwimmerinnen mit einem weinenden und einem lachenden Auge entgegen. Auf der einen Seite graut es ihm vor dem nächsten DMS Wettkampf, denn die 2.Bundesliga wird ohne die Mädchen wohl nicht zu halten sein, auf der anderen Seite ist er auch Stolz darauf, dass man es beim HSC so weit bringen kann. Er wird die Resultate seiner Schwimmerinnen im Auge haben und ganz selbstlos daran arbeiten, dass auch weitere Sportler in Zukunft diese Option haben werden.

Der HSC gratuliert und wünscht den Schwimmerinnen viel Erfolg, großartige Erlebnisse und gute Erfahrungen während ihrer Zeit in den USA.